Zumeldung Ländermonitoring Frühkindliche Bildungssysteme: ver.di alarmiert – Fachkraftkraft-Quote sinkt in den Kitas

Pressemitteilung vom 04.12.2024

ver.di Baden-Württemberg zum heute veröffentlichten „Ländermonitoring Frühkindliche Bildungssysteme“, nach dem auch in Baden-Württemberg 41,6 Prozent der Kinder mit nicht kindgerechtem Personalschlüssel betreut werden.

Hanna Binder, stellvertretende ver.di Landesbezirksleiterin: „Die Kita-Verantwortlichen in Baden-Württemberg dürfen sich nicht hinter den heute veröffentlichten Ranglisten des Ländermonitorings verschanzen. Am wenigsten schlecht heißt auch für sie: ungenügend, nachsitzen. Die sinkende Fachkraftquote gefährdet auch bei uns Kinder und führt zur Flucht aus den Berufen, die junge Menschen nach der Schule aus Überzeugung und mit voller Motivation ergriffen haben.“

Sabine Leber-Hoischen, Vorsitzende des Landesfachgruppenvorstands Erziehung, Bildung und Soziale Arbeit bei ver.di Baden-Württemberg: „Seit langem beobachten wir eine gefährliche Entwicklung in den Tageseinrichtungen für Kinder, auch in Baden-Württemberg. Immer weniger Fachkräfte kommen zum Einsatz, Qualitätsvorgaben beim Fachkraftgebot und der Fachkraft-Kind-Relation sowie der Gruppengröße werden anhaltend ausgehöhlt. Das führt, wenn das nicht direkt vor Ort verhindert wird, zur weiteren Flucht von Fachkräften aus dem Berufsfeld - mit weitreichenden Konsequenzen für die Qualität und die Verlässlichkeit der Bildungs-, Erziehungs- und Betreuungsangebote in den Einrichtungen.“

Zuletzt im von ver.di durchgeführten Personalcheck Kita BW hatte sich rund ein Drittel der Befragten mit dem Gedanken getragen, Stunden zu reduzieren oder gar das System ganz zu verlassen.

„Das hat ganz wesentlich mit den Arbeitsbedingungen zu tun. Zu leiden haben darunter die Kinder, deren Schutz und Sicherheit letztendlich infrage stehen. Und mit ihnen ihre Familien, die sich nicht mehr auf verlässliche Betreuung bei guter Qualität verlassen können. Für unseren Wirtschaftsstandort ist das doppelt schlecht: jetzt fehlen Eltern als Fachkräfte wegen unzureichender Betreuung ihrer Kinder und später fehlen uns gut ausgebildete junge Menschen. Weil in den Kitas der Grundstein für Bildung gelegt wird“, so Binder weiter.

Die heute veröffentlichten Ergebnisse bestätigen das bundesweit für das Feld der Frühkindlichen Bildung.

Binder: „Es bleibt dabei, es ist eine gesamtgesellschaftlich zu stemmende Aufgabe, verlässliche und qualitativ hochwertige Frühkindliche Bildungsangebote zu machen – ansonsten droht, ähnlich der Pflege, eine Abwanderung der eigentlich vorhandenen und gut ausgebildeten Fachkräfte in andere Bereiche.“

Gute Erfahrungen machen die Kolleg:innen vor Ort, wenn sie direkt in Entscheidungsprozesse zur ggf. notwendigen Strukturanpassung der Angebote mit einbezogen werden – wo nicht nur klar ist, was vielleicht rechnerisch auf dem Papier für den kommunalen Haushalt und die Erfüllung des Rechtsanspruches passt, sondern was auch und vor allem pädagogisch für die Kinder und im Arbeitsablauf für die Beschäftigten sinnvoll und fachlich geboten ist.

 

Pressemitteilung des ver.di Bundesvorstandes:
Als alarmierend bezeichnet die stellvertretende Vorsitzende der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) Christine Behle die Zahlen, die heute im „Ländermonitoring Frühkindliche Bildungssysteme“ veröffentlicht werden. Die Zahlen zeigen deutlich, wie die Qualifikationen des Personals in Kindertageseinrichtungen sinken. Waren vor sechs Jahren noch überwiegend Erzieherinnen und Erzieher in den Kitas tätig, zeigt sich jetzt, dass vermehrt geringer qualifiziertes Personal oder sogar Auszubildende eingesetzt werden.

„Wir erleben Erzieherinnen und Erzieher in den Kitas, die seit Jahren dort arbeiten und nun zusätzlich zu ihrer Arbeit mit den Kindern auch noch Ergänzungspersonal anleiten. Sie tun alles, um die pädagogische Arbeit für die Kinder sicherzustellen“, so Behle. „Doch inzwischen sind aufgrund der Situation viele von ihnen überlastet und frustriert und verlassen deshalb die Kitas.“

Gerade in den letzten Monaten blickten die Beschäftigten aus den Kitas im ganzen Bundesgebiet hoffnungsvoll auf die Auseinandersetzungen in Berlin und schickten Solidaritätsbotschaften an ihre Kolleginnen und Kollegen aus den Kitas der fünf Berliner Eigenbetriebe, die seit fast zwei Jahren für einen Tarifvertrag „Pädagogische Qualität und Entlastung“ kämpfen. Die Erzieherinnen, Erzieher, Leiterinnen und Leiter und die Auszubildenden fordern eine Mindestpersonalausstattung, Notfallpläne, Belastungsausgleich und eine qualitative Anleitung der Auszubildenden.

„Der Kampf der Kita-Beschäftigten ist notwendig, denn längst sind sie gemeinsam mit Kindern und Eltern „Spielball“ der Politik geworden, die gesetzliche Rahmenbedingungen verschlechtert, statt sich um die Bildungs- und Betreuungsqualität und gute Arbeitsbedingungen zu kümmern.“

ver.di warnt seit Jahren vor dieser Entwicklung und hatte bereits in den vergangenen Jahren bei Bund und Ländern bessere Rahmenbedingungen in den Kitas, in den Ausbau der Erzieherinnenausbildung und die Ausbildung der dafür notwendigen Lehrkräfte angemahnt.

 

Pressekontakt

Andreas Henke
Pressestelle
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